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Die Gemeindewahlen 1945 und 1947 im Haut-Rhin/Oberelsass

Eigenschaften

Autor und Institut Marie-Claire Vitoux, UHA (CRESAT)
Historische Zeiträume Neuzeit
Themen Wahlen und politische Parteien
CartographeJessica Develles
SkalaDépartement
Entstehungsdatum2007
Datum der letzten Änderung2010
QuelleCarte originale
Diese Karte zitierenMarie-Claire Vitoux, « Die Gemeindewahlen 1945 und 1947 im Haut-Rhin/Oberelsass », in Atlas historique d'Alsace, www.atlas.historique.alsace.uha.fr, Université de Haute Alsace, 2010

Erläuterungen zur Karte

Die Gemeindewahlen 1945 und 1947 im Haut-Rhin/Oberelsass

Aufgrund der späten Befreiung fanden die Wahlen auf Gemeindeebene im Jahr 1945 im Elsass fünf Monate später statt als im übrigen Frankreich. Sie wurden gemeinsam mit den kantonalen Wahlen im September 1945 durchgeführt. Bei den zweiten Wahlen, welche Mitte Oktober 1947 stattfanden, wurde die Reorganisation der politischen Landschaft deutlich – die Vierte Republik hatte ihre politischen Institutionen aufgebaut.

Vergleicht man die beiden Wahlen 1945 und 1947, müssen die unterschiedlichen Wahlmodi berücksichtigt werden. 1945 wurde wie in der Dritten Republik in zwei Wahlgängen nach dem Mehrheitsprinzip gewählt. Nach diesem Prinzip ist die Person gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereint. Zwei Jahre später wurde das Wahlgesetz geändert. In den Städten mit mehr als 9000 Einwohnern, d.h. in Mülhausen/Mulhouse, Colmar, Gebweiler/Guebwiller und in Markirch/Sainte-Marie aux Mines wurde die Verhältniswahl eingeführt. Diese Regelung war ein Kompromiss zwischen dem MRP und der PCF auf der einen Seite und der SFIO auf der anderen Seite. Erstere hätten die Verhältniswahl gerne in allen Gemeinden eingeführt.

Auf der ersten Wahlkarte ist deutlich zu erkennen, dass die politische Landschaft kurz nach dem Krieg noch labil war. Insbesondere die hohe Anzahl von Wahlkreisen ohne eindeutigen Wahlsieger sprechen dafür. Auffallend ist weiter, dass das MRP sowohl bei den ersten Gemeindewahlen als auch den kantonalen Wahlen nach dem Krieg in den meisten Wahlkreisen als Sieger hervorgeht. Der große Erfolg des MRP im Jahr 1945 lässt sich dadurch erklären, dass die Partei für eine breite Bevölkerungsschicht wählbar war: für die christlich-demokratische Linke, für Elsässer, die sich einen Sonderstatus in den Bereichen Religion, Soziales und Kultur wünschten, aber auch für die rechte Wählerschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch über keine eigene Partei verfügte.

Das wählerstarke MRP wurde im Jahr 1947 durch die neu gegründete Partei von Charles de Gaulle, dem Rassemblement populaire français (RPF) herausgefordert. Die Gemeindewahlen im September 1947 waren ein Testlauf für die neue Partei von de Gaulle, die ein halbes Jahr nach ihrer Gründung zum ersten Mal an einer Wahl teilnahm. Wie auf der Karte sichtbar wird, war das RPF erfolgreich  und konnte viele Wählerstimmen auf sich vereinen. Dabei spielte es keine Rolle, ob die neue Partei de Gaulles im Alleingang angetreten war (so wie in Mulhouse/Mülhausen) oder Wahlbündnisse mit dem MRP, den Vertretern des rechten Spektrums oder den linken Republikanern (Rassemblement des gauches républicaines) eingegangen war.

Auffallend ist das schlechte Abschneiden der Kommunistischen Partei im Elsass. Bei den Wahlen 1945 erreichte sie nur noch in der Gemeinde von Wittelsheim im Zentrum des Kalireviers (bassin potassique) die Mehrheit der Stimmen. 1947 verloren die Kommunisten auch diese Gemeinde. Das schlechte Ergebnis der Parti des fusillés et des travailleurs im Elsass stand den guten Wahlergebnissen gegenüber, welche die Kommunisten im übrigen Frankreich erreichten. Als Grund für das schlechte Abschneiden kann das Schicksal der elsässischen und lothringischen Gefangenen in den sowjetischen Lagern, den Malgré-nous, genannt werden, die „gegen ihren Willen“ (malgré-nous) in der deutschen Wehrmacht gedient hatten und als deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft geraten waren.

Die zweite Partei im linken Spektrum, die SFIO, erreichte deutlich bessere Ergebnisse als die Kommunisten. Im Jahr 1945 ging sie in zwölf Gemeinden als Wahlsiegerin hervor, worunter in Colmar mit dem Spitzenkandidaten Edouard Richard und in Mulhouse mit Auguste Wicky. Im Vergleich zur Vorkriegszeit, in welcher die SFIO nur in sieben Gemeinden regierte, konnte dies als guter Erfolg gewertet werden.

Bei den Wahlen im Jahr 1947 musste die SFIO jedoch herbe Verluste hinnehmen. In mehr als der Hälfte der Gemeinden verlor die Partei ihre Sitze wieder. In Colmar übernahm die RPR zusammen mit dem MRP die Regierung, in Mulhouse gewannen die Gaullisten unter Lucien Gander die Wahlen. Die Gründe für die Niederlage sind zum einen in der starken Konkurrenz der neu gegründeten Partei de Gaulles zu suchen. Zum anderen können aber auch die Ermüdungserscheinungen der amtierenden Regierung sowie die mangelnde Fähigkeit der SFIO-Repräsentanten, stabile Wahlallianzen aufzubauen, angeführt werden.

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