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Die elsässische Bierbrauerei am Ende des Zweiten französischen Kaiserreiches (1865-1866)

Die elsässische Bierbrauerei am Ende des Zweiten französischen Kaiserreiches (1865-1866) Vergrößern

Eigenschaften

Autor und Institut Nicolas Stoskopf, UHA (CRESAT)
Historische Zeiträume Neuzeit
Themen Handwerk und Industrie
CartographeJean-Philippe Droux, ARCHMIEDE, CNRS
SkalaLocale
Entstehungsdatum2009
Datum der letzten Änderung2009
QuelleCarte originale
Diese Karte zitierenNicolas Stoskopf, « Die elsässische Bierbrauerei am Ende des Zweiten französischen Kaiserreiches (1865-1866) », in Atlas historique d'Alsace, www.atlas.historique.alsace.uha.fr, Université de Haute Alsace, 2009

Erläuterungen zur Karte

Die elsässische Bierbrauerei am Ende des Zweiten französischen Kaiserreiches (1865-1866)

Zum Ende des Zweiten französischen Kaiserreiches hin ist die Bierbrauerei ein handwerkliches Gewerbe mit über die ganze Region zerstreuten Betrieben. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts unterliegt die elsässische Bierbrauerei grundlegenden Veränderungen. Wichtige Triebkräfte hierfür sind die 1847 eingeführte Methode der Untergärung, der Aufbau der modernen Brauereien Schiltigheim, Cronenbourg und Koenigshoffen in den Vororten von Straßburg sowie die Nutzung der Eisenbahn zum Transport von Bier nach Paris ab 1860. Diese Entwicklungen führten einerseits zu einer Stärkung der leistungsfähigsten Brauereien und andererseits zur Aufgabe vieler Betriebe. Zählte Straßburg im Jahr 1851 noch 71 Brauerein, waren es im Jahr 1866 noch 60. Im Jahr 1893 waren nur noch 6 Brauereien intra muros angesiedelt.

Die Standorte der 287 elsässischen Brauereien im Jahr 1866 waren also auf historische Umstände zurückzuführen. Dabei fällt als erstes auf, dass der Großteil der Brauereien im Bas-Rhin angesiedelt war: der Bas-Rhin zählte 224 Betriebe, der Haut-Rhin lediglich 63. Aus diesen Zahlen zu schließen, dass im einen Teil Wein, im anderen Teil Bier produziert wurde, greift zu kurz. So ist anzumerken, dass der Bas-Rhin zu diesem Zeitpunkt nicht nur mehr Bier sondern auch mehr Wein produzierte als der Haut-Rhin (13 400 ha versus 11 800 ha). Es fällt jedoch auf, dass sich der Weinanbau auf den südlichen Teil des Departementes konzentrierte, während 80% der Bierbrauerein nördlich der Verbindungslinie zwischen Geispolsheim und Maursmünster/ Marmoutier lag. Als Beispiele für Städte, in denen sich Weinanbau und Bierbrauerei ergänzten, können Molsheim oder Barr genannt werden.

Auf einer allgemeineren Ebene kann festgestellt werden, dass der Aufschwung der Großindustrie im Haut-Rhin nicht mit der Entwicklung der Brauereien oder der Anzahl der ansässigen Arbeiter korrelierte.

Auch die Anbaustandorte der Rohstoffe zur Bierproduktion können die ungleiche räumliche Verteilung der Brauereien nicht erklären. So wurde beispielsweise Gerste vornehmlich südlich von Straßburg angebaut. Der Hopfen jedoch gedieh im Ackerland nordwestlich von Straßburg. Dieser wurde aber erst nach 1802 angebaut und brachte anfänglich wenig Ertrag (26 ha im Jahr 1833, 460 ha im Jahr 1862, 4 689 ha im Jahr 1883). Der Anbau des Hopfens im Nord-Westen von Straßburg kann somit die Konzentration der Brauereien im Norden des Departementes nicht erklären.

Auf der Karte kann eine räumliche Konzentration der Brauereien in und um Straßburg abgelesen werden, um welche sich ein 20 bis 30 km breiter Gürtel ohne Brauereien zieht, der genau dem Ackerland entspricht. Weiter im Nordwesten von Straßburg folgt ein halbkreisförmiges Gebiet, in welchem sich die Bierbrauerei gut entwickelt hat. In dessen südlichen Ausläufern konzentrierten sich die Brauereien auf einzelne Städtchen, welche je zwischen sechs und zehn Brauereien zählten (Bischwiller/ Bischweiler, Haguenau/ Hagenau, Pfaffenhoffen, Bouxwiller/ Buchsweiler, Saverne /Zabern, Wasselonne/ Wasselnheim). Weiter im Westen, vor allem in der Region „Krummes Elsass/ Alsace bossue’ sind die Betriebe oft sehr klein und räumlich verstreut.

Diese räumliche Verteilung der Brauereien ist bezeichnend für den Ablauf der Industrialisierung im Departement Bas-Rhin, welche auf dem Zusammenschluss von kleinen und mittleren Handwerksbetrieben basierte. Insbesondere evangelisch-lutherische Städte und Städtchen wurden auf diese Weise geprägt. Wie überliefert ist, gehörten im Jahr 1789 alle Brauer der Stadt Straßburg dem protestantischen Glauben an. In katholischen Familien hingegen wurde dieser Beruf sehr selten ausgeübt. Die Familie Wagner in Mutzig oder die Familie Klotz in Erstein stellten Ausnahmen dar. Somit erklärt die konfessionelle Zugehörigkeit der Brauer die vergleichsweise schwache Entwicklung der Bierbrauerei im katholisch geprägten Haut-Rhin (Ausnahme: die beiden reformierten Gemeinden Mulhouse/ Mülhausen und Sainte-Marie-aux-Mines/ Markirch), deren Ballung im Raum Straßburg sowie deren gute Entwicklung im Norden des Elsass.

Archive:

  • Bas-Rhin: Volkszählung aus dem Jahr 1866 (ADBR VII M 220-823)
  • Haut-Rhin: Daten aus dem Jahr 1866 für den Bezirk Altkirch (ADHR 1 Z 405) und 1865 für den Bezirk Colmar (ADHR, 6 M 402-409 ). Anmerkung: Die Erhebungen der Volkszählung aus dem Jahr 1866 zu den kleinen Unternehmen in den einzelnen Gemeinden sind lediglich für den Bas-Rhin ausgewertet worden. Die Daten für den Haut-Rhin stammen aus Umfragen des Departementes, welche Lücken enthalten können.

Quellen:

  • TISSERAND (Eugène), LEFÉBURE (Léon), Étude sur l’économie rurale de l’Alsace, Paris: Berger-Levrault, 1869.
  • STOSKOPF, (Nicolas), La petite industrie dans le Bas-Rhin (1810-1870), Straßburg: Oberlin, 1987, S. 47-51 und 168-171
  • HAU (Michel), STOSKOPF (Nicolas), Les dynasties alsaciennes du XVIIe siècle à nos jours, Paris: Perrin, 2005
  • VOLUER (Philippe), Le grand livre de la bière en Alsace, sl, Editions Place Stanislas, 2008.

Übersetzung: Karin Casanova

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